oft war ich aufgeregt, einmal war ich enttäuscht, mehrmals war ich unsicher, häufig war ich auf der Suche, immer war ich voller Hoffnung und heute? Heute bin ich einfach Ich.
Sie nennen uns die Generation Y. Eine Generation, die in ihrem Leben nach dem WHY – also dem Warum fragt und teilweise mit einem makabren Hang zur Selbstzermürbung über den Sinn des Lebens grübelt. Ich bin ein Kind der Neunziger - genau genommen eines der ersten aus 1990 – übrigens ein super Jahr. Nicht nur wegen der Gründung von Take That – der britischen Boyband – ihr wisst schon - aber vor allem, weil es easy zu rechnen ist, wenn ich mal wieder für einen kurzen Augenblick überlegen muss, wie alt denn das Fräulein nun ist. Jedenfalls werde ich in eine Geburtenschublade geordnet, die mir sagt, ich hätte einen unaufhaltsamen Drang zur Selbstverwirklichung, ächze nach grenzenloser Freiheit, verabscheue jegliches Hierarchiedenken und dränge nach einem harmonischen Leben alla „Work Life Blending“. Nun zugegeben, recht haben sie ja irgendwie.
Mit knackigen 13 Jahren stand ich vor der Entscheidung, welchen Beruf ich einmal ausüben will. Damals glaubte ich, ich müsste nun eine Entscheidung über mein ganzes Leben treffen, denn es wäre das, womit ich in den nächsten Jahrzehnten Kohle scheffeln würde, bis mein Leben in der Pension (wieder) beginne. Tja, ich liebte meine Entscheidung – das tu ich auch heute noch. Ich besuchte die Grafik HTL in Linz und zeichnete, designte und druckte coole Folder und lässige CD-Covers. Doch nach den fünf Schuljahren merkte ich auch, dass ich noch nach etwas Anderem lechzte. Ich dachte an die große Karriere und malte mir die Vorstellung der Schufterei in einem Weltkonzern romantisch. So blieb ich in Oberösterreichs Hauptstadt und studierte ganz vorbildlich Wirtschaft. Das war auch nett. Zumindest nachdem ich aufgehört hatte, zu glauben, ich müsste mich in Steuerrecht durchquälen, weil ich nur so etwas aus mir machen könnte. Ich landete schließlich bei meinem Lieblingsfach Russisch und verbrachte kurzum ein Jahr in Nizhny Novgorod/Russland. Wie cool war diese Zeit, bevor mich der Abschlusswahnsinn und die deprimierende Jobsuche in Österreich einholte. Diesen Lebensabschnitt unterbrach ich für einen Sommer in Ghana, wo ich als Volontärin Kindern rechnen und Englisch beibrachte. Zurückgekommen schätzte ich fließend Wasser und bejubelte europäische Toiletten, musste aber feststellen, dass niemand auf eine russisch sprechende Finanzstudentin mit Grafik-Kenntnissen und einem Faible für Umweltthemen wartete. Irgendwer sah dann dankenswerterweise doch Potential – also pendelte ich täglich insgesamt zwei Stunden zu meinem neuen Arbeitgeber und zurück. Das zahlte sich schon aus, denn dort erkannte ich meine Leidenschaft für Werbung. So stand auch schon das nächste Studium vor der Tür – berufsbegleitend ging es für zwei Jahre an den Wochenenden nach Wieselburg an die Fachhochschule. Ehrlicherweise hätte ich mir mindestens ein Drittel davon ersparen können - ich, die Nase von wissenschaftlichem Arbeiten ja sowas von voll - lernte aber ganz gut über Zielgruppen, Insights und PR-Strategien Bescheid. Während dieser Zeit trachtete ich nach einem neuen Job, der den Grundstein zur Marketing-Leitung legen sollte (es war wirklich ein kleiner Grundstein – also klein im Sinne von Kieselstein kleiner Grundstein). Nach sehr kurzer Zeit bemerkte ich, das war wohl der falsche Stein, auf den ich gesetzt hatte. Ich war absolut nicht glücklich in meinem Job und zweifelte daran, dass das irgendwann einmal der Falls sein würde. Vielleicht ist das eben einfach so – arbeiten für die Urlaubs- und Feiertage. Dann hatte ich keine Lust mehr, mich irgendwo hinein zu zwingen und so zu tun, als ob ich super happy wäre, in der Hoffnung ich würde in 1,5 Jahre mit einem besseren Job belohnt werden. Ich kündigte. Irgendwo in meinem Hinterkopf hörte ich eine optimistische Stimme, die sagte: „Hör nicht auf, dein Glück zu suchen.“
Aber wo war Pilates in all dieser Zeit? Nun, Pilates war fast von Beginn an dabei. Pilates half mir, die stundenlangen Vorträge und Seminare an der Uni ohne langfristige Rückenverkrümmungen durchzuhalten, mich während eines russischen Winters bei -27°C warm zu halten, die ghanaischen Kinder morgens in Bewegung zu bringen, die Auswirkungen meiner Essattacken zu Studiums-Abschlusszeiten (also im Wiederholverfahren zwei Mal!) zu relativieren und mich in Zeiten der Unsicherheit auf mein inneres Ich zu konzentrieren. Schließlich erkannte ich nach so vielen Jahre der Suche, was mich die ganze Zeit über tatsächlich glücklich machte. Es waren die extra Fahrten von Linz nach Aurach, um im Vereinshaus für 5 motivierte Menschen Pilates anzubieten – die Entscheidung, in ein eigenes Studio zu investieren und letztlich der Mut, alles andere in meinem Leben hinter mir zu lassen, um das zu tun, wofür ich wirklich brenne. Ich versuchte also mich auch von Selbstzweifeln zu verabschieden, mir selbst zuzugestehen, dass ich eigentlich keine Marketing-Chefin werden will und es egal ist, ob ich meine Studien nun sinnvoll in meinem Job integrieren kann. Sie haben mir schließlich meinen Weg bereitet und mich hergebracht.
Jetzt tue ich das, was ich will, wann ich es will und weil ich es will. Wenn dies also bedeutet, ich bin freiheitsliebend, sinnsuchend und statusavers, dann ja, her mit der Schublade Y.
Alles Liebe
eure sinngefundene Sandra
Wow... Soo mutig das alles mit uns zu teilen. Gerade so offene ehrliche Worte machen diese Welt wieder ein Stück besser und lebenswerter ☺️✨
Ich finde du hast für dein noch sehr junges Leben schon sehr viel erreicht und noch besser schon sehr viel verstanden! suuuper geschrieben 👍☺️